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Diesmal wollen wir uns einem spannenden Thema annähern. Wenn auch nicht ganz ernst gemeint und zumindest mit einem Augenzwinkern versehen… Die Frage lautet, wie kann man einzelne Prinzipien des Change Managements auf das „echte Leben“ übertragen?
Das Untersuchungsobjekt fällt diesmal auf einen für viele Menschen einmaligen persönlichen Veränderungsprozess: die eigene Hochzeit. Einmalig ist diese Veränderung aber nicht für jeden. Wie auch bei organisationalen Veränderungsprozessen gibt es eben keine Erfolgsgarantie für eine erfolgreiche Umsetzung. Oftmals wird nach dem Scheitern der ersten Veränderung eine neue Lösung – in diesem Fall ein neuer Partner – gesucht und somit das nächste Projekt gestartet.
Wir wollen in diesem Artikel nicht das Phänomen von glücklichen oder gescheiterten Ehen beschreiben. Oder uns anmaßen Beziehungstipps zu geben. Das würde ja auch gar nicht zu unserem Change-Blog passen. Vielmehr versuchen wir, zwei grundlegende Change-Prinzipien zur Anwendung zu bringen:
Der Klärungsprozess ist die wichtigste Phase im Change!
Wir werden in unseren Seminaren und Beratungsprojekt nicht müde – fast schon inflationär – zu betonen, wie wichtig ein ordentlicher Klärungsprozess ist. „Identifiziert die relevanten Stakeholder und beteiligt diese in der angemessenen Intensität. Lieber zu früh als zu spät!“ sagen wir immer und immer wieder. Weil es wichtig und richtig ist…
Wie lässt sich dieses Prinzip jedoch auf eine Hochzeit zu übertragen? Genau: mit einem ordentlichen Stakeholder-Management. Wir sind oft zu fokussiert auf den eigenen Partner. Dieser ist in den meisten Fällen natürlich der wichtigste Stakeholder. Wie sieht es jedoch mit all den anderen aus? Die eigenen Freunde oder die Familie. Das Umfeld des Partners. Die ehemaligen Partner oder solche, die sich immer noch (selbstverständlich gänzlich unberechtigte) Hoffnungen machen. Im Change Management empfehlen wir, diese zunächst zu sammeln. Also alle Menschen oder Organisationen, die in irgendeiner Form von der Veränderung betroffen sind. Und dann zu antizipieren, wie diese der Veränderung gegenüber stehen (zB von „total dagegen“ bis „voll und ganz begeistert“) und wieviel Einfluss sie auf den Erfolg des Vorhabens haben. Nach dieser Analyse lassen sich bereits erste Beteiligungsformate ableiten. Das (für manche Traditionalisten obligatorische) Gespräch mit dem Vater der Braut vor dem Antrag zum Beispiel. Oder wie wäre es mit einem Kurz-Workshop mit Repräsentanten der Familie(n), bei dem neben einem allgemeinen Stimmungsbild auch Maßnahmen gesammelt werden wie die Ehe erfolgreich wird und was die Stakeholder selbst zum Erfolg beitragen können. Bei einem hohen Maß an sozialer Komplexität und viel emotionaler Ladung braucht es vielleicht eine Mediation zwischen einzelnen Personen.
Man sieht: die Vielfalt an Change-Interventionen ist vielfältig und die Erfolgschancen können deutlich erhöht werden. Oder in manchen Fällen könnte auch ein frühzeitiger Abbruch des Vorhabens die konsequente Folge der Klärung sein…
Niemals die Grundsatzfrage stellen!
In Veränderungsprozessen geht es immer wieder darum, Entscheidungen zu treffen. Mal eine Richtungsentscheidung, später dann vielleicht eine Umsetzungsentscheidung. In diesen Entscheidungssituationen werden auch immer wieder Betroffene zu Beteiligten gemacht. In solchen Situationen legen wir sehr viel wert darauf, dass keine Hop oder Top Entscheidung, also eine Grundsatzfrage gestellt wird. Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen plant die Verlegung eines Standorts und frägt einfach mal bei der extra einberufenen Mitarbeiterversammlung „wir planen die Verlegung, wenn jemand etwas dagegen hat sollte derjenige jetzt sprechen oder für immer schweigen!“. Wird ein einzelner aufstehen und vor der versammelten Mannschaft eventuell berechtigte Zweifel äußern? Eher nicht.
Diese fiktive Frage kommt Ihnen bekannt vor? Genau, wir kennen diese von Hochzeitszeremonien (zumindest in Hollywood-Filmen) und in den seltensten Fällen sagt jemand etwas. Wobei einzelne Anwesende vielleicht berechtigte Zweifel haben, dass die Ehe auch lange halten wird.
Die Lösung ist in beiden Fällen eigentlich einfach: die Frage muss differenzierter gestellt werden und es sollte ein Meinungsbild aller Beteiligter transparent gemacht werden. Meine Empfehlung wäre also die Frage anders zu formulieren: „wie zuversichtlich sind Sie, dass diese Ehe mehr als 3 Jahre gut funktioniert?“. Vielleicht bräuchte es vorab noch einen Schritt um zu klären, was eine gut funktionierende Ehe eigentlich ausmacht. Also Kriterien definieren, die in die Bewertung mit einfließen sollen. Methodisch könnte man dann eine Punktfrage durchführen. Also eine Pinnwand mit der oben genannten Frage und dann eine Skala mit zwei Extremen (zB „zum Scheitern verurteilt“ bis „glücklicher geht nicht“) und die Teilnehmer kleben den Punkt und können somit Stellung beziehen. Da dieses Bild noch Interpretationsspielräume übrig lässt, sollte man unbedingt noch ein paar Minuten investieren, um ein paar O-Töne einzusammeln. Das angehende Brautpaar könnte dann diese Anmerkungen mit berücksichtigen, bevor das Ja-Wort gesprochen wird. Nur mal so als Idee…
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