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Sabbatical und Wiedereinstieg – ohne Karriereeinbruch.

Ein Sabbatical: Endlich den Kopf freikriegen. Endlich mehr Zeit für … Familie, Reisen, Gitarre spielen. Die Liste lässt sich fortsetzen. Vielleicht kennen Sie Momente aus Ihrem Arbeitstalltag, in denen Sie sich sehnlichst eine Auszeit herbeiwünschen. Viele von uns belassen es beim Gedankenspiel … und bei einigen reift der Gedanke zum konkreten Vorhaben.

Sabbatical – Eine Chance, zu sich zu finden

Laut einer XING Umfrage aus dem Jahr 2017 unter knapp 1500 Beschäftigten in Deutschland hatten ca. 10% der Befragten bereits ein Sabbatical hinter sich. Gut 20% liebäugelten mit einer Auszeit. Hauptanliegen waren dabei geistige und körperliche Erholung, Ferienreisen und Aus- und Weiterbildung. Dazu kommen als weitere Gründe der Wunsch nach Zeit für Freiwilligenarbeit oder einer erweiterten Elternzeit.

Der Berufsalltag fordert uns vielseitig. Egal, wo in unserer Karriere wir aktuell stehen. Mithalten, sich beweisen, sich entwickeln und verbessern: So spannend das alles ist, so sehr kann es an die Substanz gehen. Bei einigen Menschen kommt dann der Zeitpunkt, an dem die Lust oder das Bedürfnis wachsen, zur Ruhe zu kommen, oder im Gegenzug etwas Neues zu erleben oder zu erlernen. Was braucht es, damit nicht nur der Sabbatical selbst, sondern auch der Wiedereinstieg gelingt?

Fragen an mich selbst

Unsere Senior Beraterin Claudia Heck hat sich 2017 eine sechsmonatige Auszeit gegönnt. Ihre Motivation war dabei, mehr Zeit mit Freunden und an der frischen Luft zu verbringen – und eine Freiwilligenorganisation mit aufzubauen. Ihr geht es bei der Planung des Sabbaticals um Antworten auf drei zentrale Fragen.

  • Wie sieht die Auszeit aus, damit sie für mich zum Gewinn wird?
  • Wen muss ich miteinbeziehen, damit mein Vorhaben gelingt?
  • Und schließlich: Was ist notwendig, damit ich mich nach dem Sabbatical wieder gut integriere?

DEN Sabbatical gibt es nicht!

Ein Sabbatical kann einen großen Beitrag zu mehr Lebensqualität leisten. Zentral ist dabei, zuerst gut in sich hineinzuhören und die eigenen Beweggründe zu verstehen. Geht es Ihnen darum, Ihren Horizont zu erweitern? Möchten Sie die Zeit nutzen, um sich weiterzubilden? Oder fühlen Sie sich ein bisschen wie der berühmte Hamster im Rad und es ist Ihnen wichtig, Abstand zu gewinnen? Oder schlicht mehr Zeit zu haben?

„Es tut gut, zu erleben, dass die Welt sich auch dreht, wenn wir zur Abwechslung nichts tun.“ Claudia Heck

Ob man die Zeit im Sabbatical strukturieren möchte oder planlos angeht, hängt vom eigenen Naturell ab.
Eine lange Auszeit ist immer eine beachtliche Veränderung. Plötzlich viel Zeit zur Verfügung zu haben, kann ungewohnt, sogar schwierig sein. Machen Sie sich Gedanken darüber, wieviel Struktur die Auszeit braucht.
Neigt man dazu, alles „zuzuplanen“, sollte man sich auf jeden Fall Raum für Spontanes und Unvorhergesehenes gönnen. Versuchen Sie nicht, in der Endphase des Sabbaticals, das nachzuholen, was Sie in den Wochen davor verpasst haben. Dass sich eine Auszeit anders entwickeln kann als gedacht, ist nicht ungewöhnlich. Und oft liegt genau darin Qualität.

Denken Sie an die Anderen

Seien wir ehrlich: Ein Sabbatical macht man für sich. Nicht für die Firma, den Chef, oder die Familie. Dennoch oder gerade deswegen ist es wichtig, sein Umfeld aktiv miteinzubeziehen. Nicht alle Firmen oder Vorgesetzte sind begeistert von der Idee. Wenige promoten Sabbaticals aktiv und viele sehen Risiken und Nebenwirkungen.
Es lohnt sich deshalb, auch die Perspektive des Arbeitgebers einzunehmen und sich Gedanken darüber zu machen, was den Wunsch nach einer Auszeit anschlussfähig und den Sabbatical möglich macht.

Überlegen Sie, wie Ihr Unternehmen konkret von Ihrer Auszeit profitiert. Wägen Sie ab, auf welche Argumente Ihr Chef am ehesten anspringt: frische Ideen, Burn-out-Vermeidung, persönliche Zufriedenheit oder die Möglichkeit, die Kollegen in anderen Aufgabengebieten wirken zu sehen? Welches Zeitfenster haben Sie im Kopf? Wie gut passt es zu aktuellen Entwicklungen in Ihrer Firma? Wie lässt es sich vermeiden, dass die Arbeit den Kollegen „angehängt“ wird? Abwesenheit gut zu überbrücken, braucht Offenheit und Flexibilität von allen. Deshalb sollte man rechtzeitig mit einer solchen Anfrage anklopfen.

Eine weitere wichtige Überlegung gilt Ihrem engeren Umfeld und den Auswirkungen des Sabbaticals auf Partner oder Familie. Welche Vor- und Nachteile erwachsen ihnen aus Ihrerm Vorhaben? Was braucht es, damit Sie alle gemeinsam die Auszeit und den Wiedereinstieg gut meistern können? Suchen Sie auch hier den Dialog, damit Hoffnungen und Befürchtungen auf den Tisch kommen. So lassen sich gemeinsam gute Lösungen finden. Vielleicht gönnen Sie sich und Ihrer Familie am Ende der Auszeit etwas Besonderes, zum Beispiel eine Reise, um „sanft“ in den Alltag zurückzukehren.

Es gibt ein Leben danach …

Eine Auszeit verändert. Egal ob Sie drei, sechs oder zwölf Monate im Sabbatical sind: Sie werden in dieser Zeit viel Neues erleben und entdecken. Auch an sich selbst werden Sie neue Seiten kennenlernen. Gleichzeitig verändert sich Ihre Umgebung. Vielleicht haben Sie Ihren Job wieder wertschätzen gelernt? Genauso kann es vorkommen, dass Sie entgegen Ihrem ursprünglichen Plan nicht mehr in Ihren angestammten Arbeitsplatz zurückkehren möchten oder können.

Was heißt das für den Wiederseinstieg? Es bedeutet: Behalten Sie neue Gewohnheiten bei! Sie haben etwas entdeckt, dass Sie gerne tun? Kultivieren Sie es im Alltag. Haben Sie es genossen, jeden Tag Zeit draußen zu verbringen? Dann nehmen Sie sich eine halbe Stunde täglich für einen Spaziergang an der frischen Luft.

Dass Sie ins Arbeitsleben zurückkehren, muss nicht bedeuten, dass Sie Liebgewonnenes aufgeben müssen. Im Gegenteil. Bauen Sie auf Ihren Entdeckungen und Erfahrungen auf und achten Sie darauf, sich Dinge, die Ihnen guttun, weiterhin zu gönnen.

Die Rückkehr in den alten Job

Wie stellen Sie sich die Rückkehr vor? Planen Sie wieder in Ihre Stelle oder zumindest zu Ihrem Arbeitgeber zurückzukehren? Auch dies erfordert Vorbereitung und ein „sich aktiv auseinandersetzen“. Vielleicht schauen Sie schon vor dem eigentlichen Starttermin in der Firma vorbei oder treffen sich außerhalb mit Ihren Kollegen auf einen Kaffee.
Wenn sich der Sabbatical dem Ende zuneigt, achten Sie darauf, Ihren zeitlichen Rhythmus wieder dem eines typischen Arbeitstages anzupassen. Das wird Ihnen die Übergangszeit erleichtern. Nehmen Sie sich genügend Zeit für den Übergang von der Auszeit zurück in die Arbeit. Die ersten Tage nach der Rückkehr aus dem Sabbatical können schwierig sein. Machen Sie sich nicht zu viel Druck. Seien Sie nachsichtig mit sich, wenn nicht gleich alles auf Anhieb klappt. Sie sind ausgeruht und motiviert, neue Aufgaben anzugehen? Sie konnten sich im Sabbatical in Gelassenheit üben und das gelingt Ihnen nun auch im Arbeitsalltag besser? Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber darüber! Im Unternehmen freut man sich über (positives) Feedback und wer weiß: Vielleicht ebnen Sie so Kollegen den Weg zur gelungenen Auszeit.

Auch wenn sich eine Auszeit erstmal „teuer“ anhört, liegt darin doch auch sehr viel Potential. Denn neue Erkenntnisse und persönliches Wachstum bedeuten oft auch grösseres Engagement. Probieren Sie’s aus!

Claudia Heck

Unsere Gastautorin Claudia Heck war 2018 und 2019 Senior Consultant und Trainerin bei ComTeam in der Schweiz. In dieser Zeit begleitete sie Menschen, Teams und Unternehmen bei ihren Entwicklungs- und Veränderungsvorhaben. Sprache hat Claudia schon immer fasziniert – aufgewachsen in der Schweiz, hat sie sich dankenswerterweise für uns mit dem Thema Schlaf auseinandergesetzt.

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