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Neue Schlagworte braucht das Land! Im Moment tauchen in allen Medien, die über Organisationsentwicklung, Veränderung und Kultur schreiben, die Stichworte Purpose und Mindset auf.

Ich bin dazu ambivalent. Einerseits freue ich mich, dass bei diesen Themen, die für Change allgemein und für Kulturentwicklung im Besonderen so wichtig sind, auf breiter Basis Diskussionen stattfinden. Beim Purpose finde ich die Publikationen dazu sehr hilfreich – beim Mindset weniger.

Purpose: Der Sinn hinter dem Tun

Zunächst zum Purpose: Das meint Sinn, Zweck, Orientierung, Richtungsgeber. Eine intensivere Beschäftigung mit dem Sinn ist wunderbar. Weiß man doch spätestens seit Dan Pink, dass die Sinnfrage ein wichtiger Treiber für Motivation ist. Klarheit zum Purpose zu bekommen ist bei großen Veränderungen unverzichtbar: Es braucht einen Diskurs und Klarheit zu Sinn und Zweck der Veränderung. Was ist unser Purpose? Was ist der Purpose dieses Vorhabens? Wozu machen wir uns auf den Weg? Manchmal ist den Initiatoren der Veränderung der Sinn klar, doch reden sie nur/zu selten mit anderen darüber. Fragen wir zum Beispiel untergeordnete Führungskräfte, stellen wir fest, dass sie entweder kein Bild oder einen anderen Purpose im Kopf haben. Deswegen ist die Auseinandersetzung mit dem Purpose nicht nur en vogue, sondern in der Tat sehr sinnvoll.

Schaut man in die Historie der Organisation, stellt man typischerweise fest: In der Vergangenheit gab es Ereignisse, bei denen mutiges Handeln sanktioniert wurde.

Das richtige Mindset für den Change?

Das andere Trend-Thema ist Mindset. Meist verbunden mit dem Begriff Mindset Change. Was mich manchmal wundert, sind die dabei gesendeten Botschaften: „Man brauche Führungskräfte mit dem richtigen Mindset“. Gerne auch: „Die Führungskräfte brauchen einen Mindset Change“. Aha. Meist wird das verbunden mit mutig und unternehmerisch sein.

Das klingt nach: Das „richtige“ Mindset habe ich – oder nicht. Das klingt nach: Irgendwas ist mit den Führungskräften nicht in Ordnung.

Letztlich lässt sich ein Mindset am einfachsten als persönliche Sammlung von Grundüberzeugungen, Glaubenssätzen oder Prinzipien beschreiben. Es definiert also vor allen Dingen unser grundsätzliches Denken und damit typischerweise unsere inneren Einstellungen. Wir alle sind mit unserem Mindset einerseits geprägt durch unsere Sozialisation. Daneben wird unser Mindset in Bezug auf die Führungsrolle im Beruflichen genauso geprägt – durch die jeweilige Unternehmenskultur, durch direkte Vorgesetzte und das Top Management. Wir haben also unsere Haltung ergo unser Mindset entwickelt.

Wie die Organisation das Mindset prägt

Nehmen wir mal an: Führungskräfte sind in einer Organisation mit dem Mindset unterwegs, sich lieber einmal zu oft als zu wenig abzusichern. Oje, und das in Zeiten der Agilität! Da kann dann das Management empört rufen: Ihr Führungskräfte habt nicht das richtige Mindset. Ihr müsst mutiger sein: Unser neues Motto im Zuge der Agilität ist „fail fast“.

Genau das gleiche Management muss sich die Frage gefallen lassen, woher es kommt, dass die Führungsmannschaft nicht das richtige Mindset hat. Das kommt nicht daher, dass man jahrelang die falschen Menschen eingestellt hat. Eher wurden die Menschen in dieser Organisation und in diesem Kontext so geprägt, dass sich die Haltung und Einstellung entwickelt hat: „Lieber einmal zu oft als zu wenig absichern.“ Schaut man in die Historie der Organisation, stellt man typischerweise folgendes fest: In der Vergangenheit gab es prägende Ereignisse, bei denen mutiges, unternehmerisches Handeln nicht honoriert, sondern im Gegenteil sanktioniert wurde. Also haben sich die Führungskräfte früher oder später abgewöhnt, mutig zu sein. „Fail fast“ im Sinne von schnell ausprobieren, feststellen was läuft und nachjustieren ist damit erst mal fremd – weil so ziemlich das Gegenteil vom bisher Geltenden.

Kulturveränderung für Mindset Change

Wenn wir also von Mindset Change reden, dann bitte in einer anderen Interpretation: weg von „Beim Individuum Führungskraft muss sich was ändern.“ hin zu „Unsere Kultur muss sich verändern, damit sich das richtige Mindset ausbilden kann“. Dann braucht man kein Einzeltraining für Führungskräfte, sondern vor allem einen Kulturveränderungsprozess.

Nicole Detambel

Geboren 1968, seit 2012 tätig als Beraterin und Trainerin bei der Comteam Academy und Consulting. Ich arbeite schwerpunktmäßig mit Führungskräften in Veränderungsprozessen. Die Herausforderungen dieser Rolle kenne ich von beiden Seiten: In der Vergangenheit selber als Führungskraft in Unternehmen MitarbeiterInnen durch den Change zu belgeiten und nun Unternehmen in diesem Prozess einfühlsam und kompetent zu beraten. Wenn es gelingt, die vermeintlichen „Soft-Themen“ im Change in ihrer Bedeutung auch im business-Kontext besprechbar zu machen, ist dies immer eine große Motivation für mich. Und meine therapeutische Weiterbildung ist mir dabei sehr nützlich. In meiner Arbeit treffe ich immer wieder auf neue Persönlichkeiten und unterschiedliche Unternehmen mit ihrer jeweils einzigartigen Kultur. Dafür braucht es Neugier, Einfühlungsvermögen und schnelle Orientierung in unterschiedlichen Kontexten.

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