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Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht. Ich jedenfalls bin jetzt in dem Alter, in dem man an den eigenen Eltern deutliche Spuren des Älterwerden erkennt. So mein Vater: Bei Familienfeiern zog er sich nach kurzer Zeit zurück, er wirkte abwesend und desinteressiert. Sprach man ihn an, kam es nicht selten vor, dass man mehrmals die Sätze wiederholen musste. Was natürlich auch an uns und unseren Themen liegen konnte … lag es aber nicht. Es war uns eigentlich allen klar: Papa braucht ein Hörgerät. Darauf angesprochen, sagte er: Nein, ich doch nicht. Ich höre alles, ihr sprecht nur immer so leise.
Als Beraterin hat man eine Frage immer parat: Welches Modell kann hier ganze Arbeit leisten? Kurz nachgedacht, schnell gefunden. Na klar: das 4-Zimmer-Modell. Er war natürlich im Raum der Verleugnung.
Reaktionsphasen im Change-Prozess: 4-Zimmer-Wohnung
Doch der Weg zum Hörgeräteakustiker war weit. Also nicht wörtlich natürlich … Einige Telefonate lang beschäftigten wir uns mit diesen Fragen: Wie kriegen wir ihn dorthin? Wie können wir seine Einstellung zum Hörgerät verändern?
Und jetzt? Was bringt uns das Modell?
Verständnis natürlich, aber die Veränderung können wir als Kinder nicht herbeiführen. Die muss, so schwer es auch fällt, von alleine kommen – und zwar bei ihm. Im beruflichen Kontext ist das klar … aber hier im privaten Kontext fällt das manchmal gar nicht so leicht.
Vertrauen ist angesagt. Vertrauen, dass er selbst den Schritt gehen wird, wenn es für ihn passt. Vertrauen, dass das Leben schon so spielen wird, wie es richtig für ihn ist. Und – seien wir ehrlich – was war schon wirklich der Preis, den wir zahlen mussten?
Einsicht spielt auch eine Rolle beim Change, oder? Er hatte ja diesen Zeitungsartikel von mir, dass die Hörnerven in ein Gehirnzentrum laufen, das auch für soziale Kontakte zuständig ist. Verkümmern die Nerven, dann verkümmert das Gehirnzentrum, dann verkümmern die sozialen Kontakte.
Und so kam es dann mit der Zeit auch: Auf dem Marktplatz gab es eine Aktion, ein sogenanntes niederschwelliges Angebot. Keine Arztpraxis, kein Geschäft, sondern ein Stand, an dem getestet wurde. Eine netter Mann, der gut in Kontakt mit ihm kam. Die Zusage, dass es auch preisliche Vorteile gibt (das Argument spätestens zog ;-).
Heute hat er diese kleinen, fast unsichtbaren Helfer. Er genießt die Gespräche, wenn wir alle zusammen sind, bleibt bis zum Schluss. Es hat sich gelohnt, das Vertrauen. Und: Wir können es gleich für die nächsten Situationen anwenden. Der Fahrradhelm, der Stock beim Laufen …
Weitere Artikel in unserem Blog zu den „4 Zimmern der Veränderung“:
„Wie der innere Richter auf Change reagiert“ von Cornelia Weber-Fürst
„Betroffen vom Wandel – Mein Lieblingsmodell“ von Dr. Georg Wolfgang
- Hilfe, wir haben einen #MeToo-Fall! - 29. August 2019
- #MeToo oder #NichtNachgedacht? - 10. Juli 2019
- Griechischer Wein – oder: Wie viel Alkohol verträgt eine Führungsposition? - 5. November 2018
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